WGfF - Bonn | Schriftbeispiele

Schriftbeispiele

Zu Beginn unserer monatlichen Treffen werden gelegentlich Beispiele alter Schriften gemeinsam gelesen.
Hier können diese nochmals nachgelesen werden.

Ich bin kein ausgewiesener Fachmann und erzähle hier nur von meinen eigenen Erfahrungen. - (Roger Sturm)
03/2025   01/2025   06/2024

März 2025

Bonn, St.Remigius, KB 4/31 Sterberegister Erwachsene, 09.05.1760 ff.
(Dieses Kirchenbuch ist unterteilt in Sterbefälle Erwachsene und Sterbefälle Kinder.
 Die Unterscheidung trennt offenbar mit der Teilnahme an der Kommunion.)
Hier eine eng beschriebene Seite, in der sich die Buchstaben oben und unten überschneiden - VOLLBILD

Fast jeder Eintrag wird mit nur einer Zeile abgehandelt - da steht also nicht viel.
Das Schema ist hier:
"9na Maji" (am Neunten des Mai) "obiit" (starb) "[Name, mit wenigen Zusätzen]"

Die ersten Zeilen im Einzelnen:

9na Maji obiit Plur. Rdus D. Josephus Zudoli Canonicus Caesar-
-insulanus et Capellae aulicae Magister
eadem Maji obiit Mstr Joes Josephus Crum
11ma Maji obiit Maria Catharina Kochs dicta Bergers
15ta Maji obiit Mstr Christophorus Gerken
16ta Maji obiit Gertrudis Fielenbach dicta Welsch
19na Maji obiit Wernerus Kump miles monaster.

Erläuterungen:

"Plur. Rdus D(nus)" = Sehr ehrwürdiger Herr, wird wie "R.D." und "A.R.D." gerne für Geistliche verwendet.
"Canonicus" = Geistlicher, "Caesar-insulanus" = von der Kaiser-Insel, also aus Kaiserswerth
"et Capellae aulicae Magister" = und der Kapelle des Hofes Meister, also Hof-Kapellmeister
"eadem Maji" = am selben Tag des Mai, "Mstr" = Meister (aber: unklar, was für einer)
(das "K"von "Kochs" ist eine Katastrophe, nur im familiären Zusammenhang zu erkennen.)
"dicta Bergers" = verheiratete Berger ("Kochs" ist der Geburtsname, das war so üblich.)
"miles monaster." = Soldat Münsterischer, also von den Münsteraner Truppen
(der Schlenker am Wortende ist das, was heute der Punkt bei einer ABkürzung ist)
Lateinische Kalendertage
1.primus1ma
2.secundus2nda
3.tertius3tia
4.quartus4ta
5.quintus5ta
6.sextus6ta
7.septimus7ta
8.octavus8va
9.nonus9na
10.decimus10ma

Lateinische Kalendertage:

Wenn Tages-Zahlen in lateinischen Kirchenbuch-Einträgen schlecht lesbar sind, hilft manchmal die Endung:
Es heißt ja nicht "1 Mai", sondern "1. (Tag) des Mai", also "Prima (diés) Maji"
(der Tag "diés" ist im Lat. weiblich, daher Endung auf -"a"; der Monat steht im Genitiv).
Also wird oft an die Ziffer die Endung des Zahlworten angefügt, statt des bei uns heute üblichen Punktes.
Beispiel: "va" am Ende steht für "octava", es muß also eine Acht sein; kann allerdings sowohl "8" als auch "18" oder "28" sein, es bestätigt nur die letzte Ziffer.
Netterweise sagt der Lateiner nicht "Achtundzwanzigster", da gäbe es ja keine Unterschiede, sondern (übersetzt) "Zwanzig-Achter".)

Weiterführende Informationen:

Ein Link zu einer Latein-Hilfe für Kirchenbuch-Leser.
 

Januar 2025

Köln, Generalvikariatsprotokolle (GVP), 18.09.1739
(Die GVP bescheinigen u.a. die Erlaubnisse zu Ausnahmen von den Ehe-Vorschriften.)
Hier ein Beispiel für einen typischen "Dispens vom Aufgebot" (DvA) - ORIGINAL
(Text, hier in Latein)(wörtliche Übersetzung)(Erläuterungen)
Eadem 18va Sept.Auch (am) 18. Sept.("Eadem": wie der vorige Eintrag)
(der Schnörkel am Ende von "Sept" ist das Pendant zum heute üblichen Abkürkungs-Punkt)
("18va": die Buchstaben sind der Rest von "octava" = "Achter")
Viso utriusque Parochi Testimoniogesehen beider Pfarreien Bestätigung(nachdem sie gesehen wurden)
(typisch, aber nur wenn man es kennt: das "P", vergleiche auch das "P" in der 5. Zeile)
(ebenfalls typisch: das "T" in "Testimonio", vergleiche auch das "t" in "trinis" in der 6. Zeile)
Super libertate Sponsorum über (die) Freiheit (der) Brautleute(also die Freiheit, heiraten zu können)
Joannis Hartman et Gertrudis Bremmers(des) Johannes Hartman und (der) Gertrude Bremmer(auch Genitiv: der Brautleute X und Y)
("Joannis" ist der Genitiv von "Joannes")
ad Ss. Cunibertum et Albanum respeèbei (den) Hl. Kunibert und Alban respektive(Doppel-S "Ss.", weil mehrere Heilige genannt werden; einzeln wäre es "S.Cunibertum")
(Beides sind Kölner Kirchen, daher keine Orts-Angabe)
ParochianorumPfarr-Zugehörigen(Adjektiv zu Brautleute, daher auch Genitiv)
dispensatum est in trinis denuntiat.befreit ist von dreifacher Verkündigung (der Ehe)(eine Ehe musste an den drei vorherigen Sonntagen vor der Gemeinde angekündigt werden, bzw. hier in beiden Kirchen)
(bei "denuntiat." wieder der Abkürzungs-Schnörkel)
ne vulgi dicteriis malitiose impedianturdamit-nicht (das gemeine) Volk durch Worte böswillig behindert wird(übliche, m.E. nichtssagende Begründung)

Juni 2024

Betrachtung einzelner Buchstaben anhand von Kirchenbuch-Einträgen Bonn-St.Remigius um 1770
(Buchstabe)(Bild-Beispiel)(Erläuterungen)
(anklicken zum Vergrößern)(im Bild-Beispiel sind die Buchstaben rot markiert)
B Das große "B" hat manchmal einen kaum eingedellten "Bauch", so daß eine Ähnlichkeit zu unserem heutigen "D" entsteht.
d Der Strich nach oben beim kleinen "d" geht oft nach links, manchmal über mehrere der vorherigen Buchstaben.
Bei der Kombination "dt" geht dieser Strich dagegen direkt in das "t" über (im Beispiel die grünen Markierungen).
Fr Das große "F" hat oft am mittleren Strich nach vorn einen deutlichen Strich nach unten, was dann fehlerhaft als "Fr" gelesen werden kann.
Im Beispiel sind zwei Varianten des "F" zu sehen; der Hinweis bezieht sich auf das "F" mit dem geraden Strich oben. Zur Abgrenzung wurde in grün ein großes "T" markiert.
K,k Der Strich nach rechts unten beim "K" geht oft weit unter die (gedachte) Zeile, manchmal ist er auch vom Buchstaben ganz losgelöst (auch beim kleinen "k" ist das zu beobachten).
Manchmal erkenne ich das "K" nur an diesem lösgelösten Strich.
05/2025  

Stand: 10.04.2025 /